Mexikos Wirtschaft wächst kräftig

Ende 1994 stürzte eine Kapitalflucht das Land in die Peso-Krise, und der «Tequila-Effekt» zog auch die Märkte anderer Schwellenländer in die Tiefe.

Doch wenige Wochen vor dem 1. Dezember, wenn mit dem Amtsantritt des bürgerlichen Oppositionspolitikers Vicente Fox die mehr als 70- jährige Herrschaft der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) endet, zeigen sich die Konjunktur robust und der Peso stabil. Im dritten Quartal 2000 stieg das Bruttoinlandprodukt (BIP) um 7 Prozent, in den ersten neun Monaten sogar um durchschnittlich 7,5 Prozent. Mexiko liegt einsam an der Spitze der grossen Länder Lateinamerikas. Getragen wurde der Aufschwung vor allem von den Exporten, die in diesem Jahr die Rekordziffer von mehr als 160 Mrd. Dollar erreichen sollen. Der Peso notiert mit 9,46 pro Dollar sogar etwas stärker als zu Jahresbeginn. Doch vergleicht man die Inflationsentwicklung in Mexiko und den USA, so ist der Peso stark überbewertet. Dies bereitet vor allem den Exporteuren Sorgen. Und weil beim starken Peso die Einfuhren noch stärker steigen als die Ausfuhren, hat sich das mexikanische Handelsbilanzdefizit in den ersten neun Monaten 2000 um 42,3 Prozent auf 4,5 Mrd. Dollar erhöht. Das Leistungsbilanzdefizit soll in diesem Jahr auf 17,6 Mrd. Dollar (3,4 Prozent des BIP) steigen.

Hier werden Strukturdefizite sichtbar: Ein Grossteil des Aussenhandels wird von multinationalen Konzernen abgewickelt, die Mexiko als billigen Produktionsstandort in ihre Globalisierungsstrategie einbezogen haben. Diese importieren aber einen grossen Teil ihrer Kapitalgüter und Vorprodukte, so dass steigende Exporte mit steigenden Importen einhergehen.

Je höher das Wirtschaftswachstum, desto höher das Handesbilanzdefizit. Zwar wird es durch ausländische Investitionen ausgeglichen, doch erhöht sich damit Mexikos Abhängigkeit von internationalen Kapitalströmen.

Fox will dem mit Strukturreformen begegnen. Wie Eduardo Sojo, einer seiner wirtschaftspolitischen Berater, erläutert, sollen die mittelständischen Unternehmen gezielt gefördert werden, damit sie den grossen Exportfirmen zuliefern oder auch selber exportieren können. Nach Sojos Worten steht die Regierung zu Marktwirtschaft und Wettbewerb, schliesst aber «eine temporäre und selektive Intervention des Staates zur Verringerung der Ungleichheiten in unserer Gesellschaft» nicht aus.

Die neue Regierung steht angesichts der Massenarmut in Mexiko unter grossem Erwartungsdruck. Trotzdem wollen Fox und seine Leute an der stabilitätsorientierten Linie des scheidenden Präsidenten Ernesto Zedillo festhalten. Immerhin ist die Inflationsrate in diesem Jahr erstmals seit sechs Jahren wieder einstellig. Und für das nächste Jahr wird zunächst mit einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf rund 4,5 Prozent gerechnet.

(sda)