Wirtschaftsdelikte

Kriminalität deutlich gestiegen

publiziert: Donnerstag, 19. Apr 2012 / 10:08 Uhr / aktualisiert: Freitag, 18. Okt 2013 / 16:27 Uhr
Die Schadenshöhe aus Wirtschaftsdelikten in der Schweiz im Jahr 2011 um 42 Prozent gestiegen.
Die Schadenshöhe aus Wirtschaftsdelikten in der Schweiz im Jahr 2011 um 42 Prozent gestiegen.

Sowohl die Anzahl Fälle wie auch die Gesamtschadenshöhe von Wirtschaftsdelikten haben im Jahr 2011 gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Investoren gehören zu den Hauptgeschädigten und Angestellte haben wesentlich mehr Delikte verübt als das Management. Anhand Studien kann der Anstieg mit der angespannten Wirtschaftslage erklärt werden.

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In der Schweiz wurden im Jahr 2011 insgesamt 69 Wirtschaftskriminalitätsfälle vor Gericht gebracht - im Vergleich zum Vorjahr mit 52 Fällen bedeutet dies einen Anstieg von 33 Prozent. Auch die Gesamtschadenshöhe ist gestiegen: Belief sich diese 2010 auf 365,1 Mio. Franken, waren es letztes Jahr 519,6 Mio. Franken. Dies entspricht einer Steigerung von 42 Prozent. Der höchste im Jahr 2011 behandelte Schadensfall betrug 270 Mio. Franken. Dabei ging es um den Vorwurf der Veruntreuung. Dies zeigt der diesjährige «Forensic Fraud Barometer» von KPMG.

Investoren am stärksten betroffen

Mit Blick auf die Schadenssumme war, wie bereits im Vorjahr, die Gruppe der Investoren die am stärksten geschädigte Opfergruppe. Mit einem Schadenvolumen von 117,6 Mio. Franken ergibt sich gegenüber der letzten Erhebung (130 Mio. Franken) nur eine leichte Veränderung. Betrachtet man hingegen die Anzahl der Delikte, so liegen die «kommerziellen Unternehmen» mit 19 Fällen an der Spitze; die Investoren belegen mit elf Fällen Rang drei. Für die kommerziellen Unternehmen ist jedoch - trotz der höheren Fallzahl - mit 66,8 Mio. Franken ein vergleichsweise «geringer» Gesamtschaden entstanden. Während diesem einen durchschnittlichen Schadensbetrag von 3,5 Mio. Franken verzeichnen, ist die durchschnittliche Schadenssumme bei den Investoren mit 10,7 Mio. Franken deutlich höher und liegt klar über dem Gesamtschnitt. In neun der elf Fälle von geschädigten Investoren standen die Täter wegen Veruntreuung vor Gericht, in zwei Fällen wegen Anlagebetrugs bzw. Bilanzfälschung.

Starke Zunahme der Delikte in der Ostschweiz

Was die Schadenssumme betrifft, steht die Genfersee-Region mit 270,9 Mio. Franken an erster Stelle. Rang zwei belegt die Ostschweiz mit 114,3 Mio. Franken, gefolgt von Zürich mit einer Schadenshöhe von 43,1 Mio. Franken. Betrachtet man die Anzahl der Delikte, führt Zürich mit 23 Fällen (24 Fälle im Vorjahr) die Statistik an, gefolgt vom Wirtschaftsraum Espace Mittelland mit 13 Fällen sowie der Ostschweiz (zwölf Fälle). Die Ostschweiz hatte also sowohl eine höhere Anzahl (+71 Prozent) wie auch eine gestiegene Schadenshöhe (+212 Prozent) von Wirtschaftsdelikten zu verzeichnen. Die erhebliche Schadenshöhe in der Region Genfersee wurde jedoch durch einen einzelnen Fall verursacht. Ohne diesen läge die Region mit einer Schadenshöhe von weniger als 1 Mio. Franken in beiden Statistiken auf dem letzten Rang.

Weniger Täter aus dem Management

In der Vielzahl der Fälle (53) handelte es sich um Einzeltäter. Die Involvierung von mehr als zwei Tätern bildete mit lediglich drei Fällen die Ausnahme. Betrachtet man die Tätergruppen, so fällt auf, dass die Gruppe der gewerbsmässigen Täter zum einen mit 68,8 Mio. Franken den höchsten Gesamtschaden sowie zum anderen mit 13,8 Mio. Franken den höchsten Schadensdurchschnitt per Tat verursachte. Im Vergleich zu den Vorjahren scheint es jedoch eine Veränderung in Bezug auf die Tätergruppe «Management» gegeben zu haben: Im Berichtsjahr waren lediglich fünf Fälle mit einem Gesamtschaden von 8,9 Mio. Franken zu verzeichnen, in denen die Täter aus dem Management des geschädigten Unternehmens stammten. Dieser Rückgang kann jedoch noch nicht als neuer Trend gewertet werden, wie Anne van Heerden, Head of Risk Consulting von KPMG Schweiz erklärt: «Es wäre ein Trugschluss, davon auszugehen, dass Mitglieder der Geschäftsleitung grundsätzlich weniger in deliktische Handlung verstrickt sind. Diese Tatsache bestätigt der Rückblick auf die Zahlen aus den Vorjahren. Oftmals nutzen Kadermitglieder mangelnde Kontrollen oder blind entgegengebrachtes Vertrauen zu ihrem Vorteil aus.»

Geschädigte oft von Angestellten hintergangen

Angestellte ohne Kaderfunktion waren letztes Jahr hingegen krimineller als im Vorjahres-vergleich: In 20 Fällen konnten die Täter dieser Mitarbeiterstufe zugerechtet werden. Insgesamt haben sie einen Schaden von 55,3 Mio. Franken verursacht. Rechnet man diejenigen Täter hinzu, die eine Treuhänder- oder Vermögensverwaltungsfunktion ausübten, dann erhöhen sich diese Zahlen gar auf 33 Fälle mit einem Gesamtschaden von 112,4 Mio. Franken. Dies bedeutet, dass rund die Hälfte aller wirtschaftskriminellen Delikte - diejenigen aus dem Management mit eingerechnet - im Jahr 2011 von Tätern begangen wurde, die vom Geschädigten angestellt oder mandatiert worden waren. Lediglich in acht Fällen haben die Straftäter im «privaten Umfeld» gehandelt und beispielsweise Gelder unterschlagen. Auch hier ist die Gesamtschadenshöhe mit 4,4 Mio. Franken im Vergleich zu den unternehmensinternen Taten eher gering.

Veruntreuung als häufigster Tatbestand

An erster Stelle der Deliktstatistik rangiert eindeutig der Tatbestand der Veruntreuung (39 Fälle). Auch wenn zwar nur in fünf Fällen eine Anklage wegen «Veruntreuung von Kundengeldern» erhoben wurde, so machten diese doch 95 Prozent des verursachten Schadens aus (398,4 Mio. Franken). Diese Tatsache ist insbesondere mit dem erwähnten Einzelfall zu erklären. Der Tatbestand des Betruges wurde den Tätern mit 29 Anklagen am zweithäufigsten zur Last gelegt, gefolgt von Geldwäscherei (neun Anklagen).

Wirtschaftslage als Begründung

«Die Ursachen für den Anstieg der Anzahl Wirtschaftsdelikte und der Gesamtschadenshöhe können auf die Wirtschaftslage und die anhaltende Publizität derartiger Fälle zurückgeführt werden», erklärt Philippe Fleury, Head of Forensic von KPMG Schweiz, und präzisiert: «Prinzipiell existiert Wirtschaftskriminalität in guten wie in schlechten Zeiten. Aber gerade wenn die Konjunktur harzt und die Umsätze zurückgehen, lässt sich ein durch eine Straftat erlittener finanzieller Schaden nicht so leicht verkraften. Auch der Wunsch nach Ausgleich und Genugtuung ist tendenziell grösser. Auf Täterseite ist der Trend festzustellen, dass der Wunsch nach Erhalt dessen, was 'einem zusteht' in gleichem Masse wächst, wie die Unzufriedenheit zunimmt.» «Darüber hinaus ist auch spürbar, dass sich das Bewusstsein für Compliance und für Compliance-Verstösse verändert hat», führt Matthias Kiener, Deputy Head of Forensic von KPMG Schweiz, aus. «Die öffentliche Diskussion über Massnahmen zu deren Verhinderung und politische Forderungen aus dem In- und Ausland erhöhen die Sensibilität für das Thema Wirtschaftsdelinquenz. Diese Entwicklung, verbunden mit der Tendenz, dass Unternehmens-Ethik eine immer grössere Bedeutung einnimmt, erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass eine Straftat in einem Unternehmen entdeckt wird.»

Vielfältige Verwendungszwecke

Wendet man sich der Frage zu, wofür die Täter den Erlös aus ihren deliktischen Handlungen verwendeten, so sind die meistgenannten Gründe die Finanzierung eines teuren Lebenswandels sowie Spielsucht. Im Einzelnen wurde die Anschaffung von Immobilien, Wohnungseinrichtungen, Luxusautos und Haushaltsgeräten angeführt sowie teure Restaurantbesuche und Einkäufe in exklusiven Geschäften. Es wurden aber auch Pflegekosten von Angehörigen beglichen und Einlagen in die Säule 3a geleistet.

(ms/KMU Magazin)

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