US-Fluggesellschaften liebäugeln mit Fusion

Ein unerbittlicher Wettbewerb und steigende Ölpreise treiben die Konkurrenten einander in die Arme. «Die Frage ist nicht, ob es zu Fusionen kommt, sondern nur wann», sagt Bear Stearns-Analyst Frank Boroch. Hinter Branchenprimus American Airlines gelten vor allem der Lufthansa-Partner United Airlines sowie Delta Air Lines - gemäss Passagierzahlen Nummer zwei und drei - zu den Heiratskandidaten. Aber auch über die nächstgrösseren Gesellschaften Continental, Northwest und US Airways wird immer wieder getuschelt.

So gut wie alle Konzernchefs liebäugeln öffentlich mit Fusionen. Eine Konsolidierung der Branche sei dringend angesagt, mahnen sie einhellig. «Aber sie muss aus einer Position der Stärke heraus erfolgen», schiebt Delta-CEO Richard Anderson sofort als Bedingung hinterher. Nach diesem «Chauvi-Motto» verfahren auch die anderen Heiratswilligen: «Ehe ja - aber ich will das Sagen behalten.»

Keine Liebe, nur Vernunftehe

Zu einer echten Liebesheirat würde es wohl ohnehin nicht kommen - allenfalls zu einer Vernunftehe. Nach Milliardenverlusten und Jahren schmerzvoller Restrukturierung steht die Branche zwar so gut da wie zuletzt vor den Terroranschlägen vom 11. September 2001, bescheinigt das «Wall Street Journal». Doch so richtig gesund ist praktisch keine der Airlines.

Alle leiden an Überkapazitäten auf dem US-Heimatmarkt und explodierenden Treibstoffkosten. Nun drohen noch Einbussen, weil den Privatkunden durch die Kreditkrise weniger Geld fürs Fliegen bleibt. Entsprechend sehen die Marktbewertungen der meisten Gesellschaften aus: An der Börse ist die American Airlines-Mutter gerade mal 5,7 Mrd. Dollar wert, United und Delta bringen es gar nur auf rund 5 Milliarden. Kurstendenz: Sinkflug.

Saniert auf Kosten der Gläubiger

Gesellschaften wie Delta oder Northwest haben sich gerade erst aus Insolvenzverfahren gerettet. Unter Gläubigerschutz warfen sie Milliardenlasten ab. Angesichts des überfüllten US-Himmels suchen sie nun ihr Heil im internationalen Geschäft: «Einige expandieren um jeden Preis auf Strecken nach Europa», schimpft ein Top-Manager eines europäischen Konkurrenten.

Mit dem Insolvenzverfahren kamen allerdings auch eher unbequeme Gäste an Bord: Hedgefonds. Bei manchen Airlines gehören ihnen zusammen bis zu ein Drittel der Anteile. Die Investoren stellten ihr Geld zur Verfügung, wollen nun aber Kasse machen und drängen auf Übernahmen. Denn diese können Unternehmen profitabler machen und Aktienkurse in die Höhe treiben. So forderte der als aggressiv bekannte US-Investor Pardus Capital erst diese Woche Delta und United zur Fusion auf. Pardus ist an beiden beteiligt. Delta-Chef Anderson dementierte Berichte über eine Fusion mit United umgehend. Doch solche Beteuerungen hält ein Experte für eine Frage der Wortwahl: «Hinter den Kulissen redet jeder mit jedem - auch wenn es offiziell keine Verhandlungen sind.»

Allerdings ist unklar, ob die Wettbewerbshüter einem Deal ihre Starterlaubnis geben würden. Und wie im richtigen Leben kommt auch bei Firmen-Ehen nach den Flitterwochen manchmal das böse Erwachen: Die zwei Fusionspartner US Airways und America West kämpfen seit ihrem Ja-Wort vor zwei Jahren noch immer mit den Tücken unvereinbarer Computersysteme.

(von Roland Freund, dpa/sda)