Swissair-Debakel: Gewerkschaften fordern Krisengipfel

Aufgrund von Angaben aus Swissair-Betrieben rechnen die Gewerkschaften und Personalverbände damit, dass in der Schweiz rund 75 Prozent aller Arbeitsplätze des Swissair-Konzerns abgebaut werden. Bislang war für die Schweiz mit einem Verlust von rund 4100 Swissair-Stellen gerechnet worden.
"Das bisher vom Management vorgebrachte Phoenix-Szenario, wonach die Crossair 26 Kurz- und 26 Langstreckenflugzeuge von der Swissair übernimmt, ist von Beginn weg völlig unrealistisch gewesen", kritisierte Daniel Vischer, der Präsident der Gewerkschaft VPOD Luftverkehr, am Donnerstag an einer Medienkonferenz.

"Endlich die Wahrheit vorlegen"

"Der Öffentlichkeit und dem Personal muss endlich die Wahrheit gesagt werden", forderte er. Die Angestellten seien nicht bereit, für das Aufrechterhalten falscher Hoffnungen und für falsche Entscheide die Suppe auszulöffeln. Auch der Bund sei von falschen Voraussetzungen ausgegeangen, sagte Vischer.
Aufgrund der aktuellen Sachlage erwarte die Gewerkschaft, dass Crossair höchstens 10 oder möglicherweise gar keine Swissair-Flugzeugen übernehme. "In diesem Fall sind aber auch die flugverwandten Betriebe der Swissar stark gefährdet, hielt VPOD-Sekretät René Zurin fest.

Mit Zulieferfirmen 52 000 Stellen gefährdet

Damit gingen in der Schweiz 14 000 bis 17 000 Swissair-Stellen verloren. Dramatisch seien die Folgen für den Standort Zürich, der mit rund 95 Prozent von den Stellenstreichungen hauptbetroffen sei.
Der Abbau bei den Swissair-Firmen habe zudem massive Folgen für Zulieferbetriebe. Er rechne deshalb mit einem Abbau von weiteren 35 000 bis 52 000 Stellen, sagte Zurin.

3 Mrd. Fr. für Sozialplan

Die Gewerkschaften VPOD und PUSH sowie der Kaufmännische Verband (SKV) forderten einen sofortigen Krisengipfel mit dem Management, Vertretern von Bund und Kantonen sowie den Spitzen der Personalverbände. "Nur so kann eine weitere Katastrophe vermieden werden", sagte Vischer. Der Bund habe dazu die Initiative zu ergreifen.
Die Verbände und Gewerkschaften riefen Banken und Bund auf, die Finanzierung der Sozialpläne zu übernehmen. "Dazu sind 3 Mrd. Fr. nötig", sagte SKV-Zentralsekretärin Susanne Erdös. Damit könne pro Kündigung rund 150 000 Fr. zur Verfügung gestellt werden. Dies sei keine übertriebene Summe, sagte sie.

Bund kommentiert Szenarien nicht

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) machte keine Angaben zu dem vom Bund erwarteten Stellenabbau bei der Swissair: "Wir spekulieren nicht", sagte seco-Sprecher Alan Kocher auf Anfrage.
"Voraussetzung für die Beurteilung der Konsequenzen auf die Arbeitsplätze ist das Vorliegen eines präzisen Business-Planes der neu entstehenden Fluggesellschaft", erklärte auch Daniel Eckmann, der Kommunikationschef des Eidg. Finanzdepartementes.
Aufgabe des Bundes und der von ihm eingesetzten Task Force sei es, die Weiterexistenz einer nachhaltig gesunden und rentablen schweizerischen Airline zu unterstützen. Nur so könnten möglichst viele Arbeitspätze erhalten werden.
Die Crossair arbeite weiterhin mit dem Modell der Übernahme von 52 Swissair-Flugzeugen, erklärte Firmensprecher Andreas Schwander am Donnerstag auf Anfrage. Der Ball liege aber bei den künftigen Geldgebern.

(bb/sda)