«Die Übernahmeofferte von InCentive grenzt an einen Überfall»,
erklärte Ueli Roost, der Präsident und Chef des Sulzer-Konzerns, am
Freitag an der Bilanzmedienkonferenz in Winterthur. InCentive wolle
an der Generalversammlung von 19. April die Kontrolle im Sulzer-
Verwaltungsrat ergreifen, bevor überhaupt das Resultat des
Übernahmeangebots bekannt sei.
«Damit übernähme InCentive, die rund 15 Prozent des
SulzerKapitals kontrolliert, ohne Gegenleistung die Macht»,
kritisierte Roost. Sulzer halte deshalb an der
Stimmrechtsbeschränkung von 5 Prozent fest. «Es wäre naiv, mitten
im Krieg die Verteidigungsmechanismen aufzuheben», sagte der
Konzernchef.
Inakzeptables Angebot
Zudem kritisierte Roost den von InCentive provisorisch
angebotenen Preis von 410 Franken für eine Sulzer-Aktie als
inakzeptabel. Der Industrieteil werde von InCentive massiv
unterbewertet. So profitierten die neuen Besitzer nach einer
Übernahme als einzige von den erwarteten Wertsteigerungen.
Wie die Sulzer-Spitze bereits vor zwei Wochen bekannt gegeben
hatte, will sie den Aktionären am 19. April ihren eigenen Weg zur
Abstimmung vorlegen. Dieser sieht im August 2001 eine vollständige
Trennung des Industrieteils vom Medizinalbereich Medica vor.
In diesem Rahmen will der Konzern sein Aktienpaket von 74
Prozent an Medica gratis den Sulzer-Aktionären weitergeben. Jeder
Aktionär des Konzerns soll zwei Medica-Papiere erhalten. «So
schaffen wir für alle Aktionäre einen Mehrwert», hielt Roost fest.
Roost geht davon aus, dass die nach der Aufteilung allein aus
dem Industrieteil bestehende Sulzer AG nicht mehr im SMI, dem
Börsenindex der Schwergewichte, figurieren wird. Dafür werde Medica
den Aufstieg in die SMI-Liga schaffen, zeigte er sich überzeugt.
Nach der Trennung will Sulzer im Industriebereich den Umsatz bis
im Jahr 2002 von 1,9 Mrd. Fr. auf rund 3 Mrd. Fr. ausbauen. Die
Expansion soll aus dem Erlös der geplanten Verkäufe von Textil,
Infra und Burckhardt sowie aus der Veräusserung von Immobilien
finanziert werden.
Operative Verbesserungen
Im vergangenen Jahr habe das Unternehmen gezeigt, dass es mit
seiner Strategie auf gutem Weg sei, erklärte Roost an der
voraussichtlich letzten Bilanzmedienkonferenz des ganzen Konzerns.
Zwar sei der Nettogewinn im Jahr 2000 um 19 Prozent auf 206 Mio.
Fr. deutlich gesunken. Dies sei aber ausschliesslich auf
Sondereinflüsse zurückzuführen.
Rein operativ habe der Konzern den Betriebsgewinn um 35 Prozent
auf 418 Mio. Fr. gesteigert. Der Umsatz des Konzerns, der am
Jahresende 22 097 Personen beschäftigte (+4 Prozent), ist im Jahr
2000 um 4 Prozent auf 5,736 Mrd. Fr. gewachsen.
Ohne Berücksichtigung der Sonderfaktoren habe der Industrieteil
(Umsatz: 4,398 Mrd. Fr.) mit einer Verbesserung des
Betriebsergebnisses um 97 Prozent auf 175 Mio. Fr. das beste je
erarbeitete Ergebnis geschrieben. Sulzer Medica (Umsatz 1,347 Mrd.
Fr.) habe das Betriebsergebnis um 15 Prozent auf 270 Mio. Fr.
verbessert.
Die Börse reagierte wenig auf die neuen Zahlen: Sulzer-Aktien
fielen um 0,96 Prozent auf 1130 Franken, während Medica-Papiere um
0,14 Prozent auf 360 Fr. leicht verloren. Der SMI notierte 0,45
Prozent tiefer. Analysten erkärten die Kursverluste mit der
Unsicherheit über die weitere Entwicklung von Sulzer.
(kil/sda)