725 Millionen Dollar zahlt Sulzer Medica den Patienten, die infolge verunreinigter Hüft- oder Kniegelenkimplantate eine zweite Operation über sich ergehen lassen mussten, teilte Sulzer Medica am Samstagabend mit. Der ehemaligen Mutterkonzern Sulzer beteiligt sich mit weiteren 275 Millionen Dollar an der Entschädigungssumme.
Entscheidender Meilenstein
Die am Freitagabend in Cleveland (Ohio) unterzeichnete Grundsatzvereinbarung sei ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg zur Lösung des US-Schadenfalls von Sulzer Orthopedics, wird Sulzer-Medica-Konzernchef Stephan Rietiker zitiert.
Die 725 Millionen Dollar, die Sulzer Medica zum Vergleich beisteuert, werden bar ausbezahlt. Davon muss Sulzer Medica 300 Millionen Dollar als Kredit in Form von festverzinslichem Fremdkapital aufnehmen.
Die Kosten seien zu verkraften, wird Rietiker weiter zitiert. Er gehe davon aus, dass es kaum Einzelklagen geben werde, da die Patienten höhere Entschädigungen enthielten. Das Verbot von Einzelklagen wurde bis 22. Februar verlängert.
Bis jetzt seien bei 2'786 Patienten das Hüftgelenk- und bei 561 Patienten das Knieimplantat ersetzt worden. Für die definitive Grundsatzvereinbarung werde von 4'000 Reoperationen ausgegangen.
Einzelklagen gegen Sulzer sistiert
Jetzt beteiligen sich auch Sulzer und die Winterthur Versicherung an der Grundsatzvereinbarung. Die Einzelklagen gegen Sulzer wurden deswegen ab sofort sistiert. Sulzer sieht dies weder moralisch noch juristisch als Schuldeingeständnis, sondern will sich vor Restrisiken des US-Rechtssystems schützen und so Klarheit schaffen.
Insgesamt 275 Millionen Dollar zahlen Sulzer und die Winterthur. Aus der Versicherungsdeckung bei der Winterthur wird die Police des Jahres 2000 im Betrag von rund 200 Millionen Dollar zum Vergleich beigesteuert. Über Zahlungen aus der Police von 2001 werde noch verhandelt, hiess es in der Mitteilung.
"Erhebliche Ergebnisbeeinträchtigung"
Weitere 50 Millionen Dollar werden in bar bezahlt. Dazu kommen 480'000 Sulzer-Medica-Aktien zu einem Börsenwert von 25 Millionen Dollar, die noch im Besitz von Sulzer waren. Die Kosten für den Vergleich würden der Rechnung 2001 belastet. Dadurch entstehe eine "erhebliche Beeinträchtigung des Ergebnisses", hiess es weiter. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft des Sulzer-Konzerns seien aber gut.
Sulzer vertrat bis jetzt den Standpunkt, dass sie in den USA nicht haftbar sei für Schäden im Zusammenhang mit den verunreinigten Hüft- und Kniegelenkimplantaten. In den vergangenen Wochen war Sulzer von der früheren Tochter Sulzer Medica mehrmals aufgefordert worden, sich finanziell am Vergleich zu beteiligen. Sulzer berief sich jedoch auf den im Sommer 2001 unterzeichneten Abspaltungsvertrag.
Darin hatte sich Medica verpflichtet, den ehemaligen Mutterkonzern von Schadenersatzforderungen freizuhalten. Sulzer hatte aber bereits früher entschieden, auf alle Ansprüche an Versicherungsgeldern in Höhe von rund 400 Millionen Franken zu verzichten.
Vertrag wird in drei Monaten unterzeichnet
Das Verbot der Einzelklagen gegen Sulzer Medica wurde am 30. November letzten Jahres verfügt. Damals wurde auch ein Mediator eingesetzt, der bis Ende Januar 2002 die Angemessenheit des Vergleichs überprüfen sollte. Sulzer Medica hatte im Rahmen dieses Vergleichs eine einmalige Entschädigungssumme von 783 Millionen Dollar angeboten. Die Aufschiebung der Einzelklagen hatte bis Samstag 16 Uhr (Schweizer Zeit) gegolten.
Die definitive Vertragsunterzeichnung des Vergleichs ist allerdings erst in etwa drei Monaten. Bundesrichterin Kathleen O'Malley wird das ursprünglich auf 12. März angesetzten "final fairness hearing" am 14. Mai abhalten.
(sk/sda)