Schweizer Bürger sind bereit für E-Government
Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger nutzen die vorhandenen elektronischen Behördendienste von Jahr zu Jahr intensiver. Traten vor zwei Jahren noch 12 Prozent der Bürger über das Internet mit der öffentlichen Verwaltung in Kontakt, sind es jetzt bereits 18 Prozent.
Bevölkerung verlangt Nutzen
Schweizer Bürgerinnen und Bürger wollen den Geschäftsverkehr mit den Behörden vermehrt über das Internet abwickeln, wenn das entsprechende Angebot vorhanden ist. Von den Behörden wird verlangt, dass sie jene elektronischen Behördendienste anbieten, die den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen und einen Nutzen bringen. Dies zeigt das 3. E-Government Trendbarometer, das von der Unisys Schweiz und dem Kompetenzzentrum E-Government der Berner Fachhochschule in einer Umfrage bei mehr als 1000 Schweizerinnen und Schweizern erhoben wurde.
Wichtige Resultate der Studie
Der Zugang zum Internet ist eine wichtige Voraussetzung, um Behördengeschäfte über das Internet abwickeln zu können. Die Zahl der Internetzugänge zu Hause, am Arbeitsplatz oder anderswo hat sich im Vergleich zum 1. Trendbarometer 2003/2004 (1. TB) von 79 auf 82 Prozent erhöht. Ebenfalls im gleichen Zeitraum gestiegen ist die Nutzungsintensität des Internets (Anteil der täglichen oder fast täglichen Nutzer) von 56 auf 63 Prozent.
Werden die Daten bezüglich des Internetzugangs analysiert, zeigt sich, dass nach wie vor ein «digital divide» besteht, der aber im Vergleich zu den Vorjahren abgenommen hat. Ältere Bevölkerungsgruppen, Frauen und Personen mit geringerer Bildung haben jedoch noch immer deutlich weniger häufig Zugang zum Internet.
Bedarf nachweisbar
Die Analyse der bereits heute genutzten Behördendienstleistungen via Internet zeigt «Informationen einholen» (69 Prozent) als Spitzenreiter. An Bedeutung gegenüber dem Vorjahr gewonnen haben «Formulare runterladen» (von 40 auf 47 Prozent) und «Steuererklärung ausfüllen» (von 32 auf 36 Prozent). Stark zugelegt hat auch die Möglichkeit, Anfragen an die Behörde zu übermitteln (von 22 auf 29 Prozent). Es ist also nachweisbar, das für das elektronische Angebot von Behördendienstleistungen ein Bedarf besteht.
Nutzungsschwerpunkte
Bezüglich der künftig gewünschten Behördendienstleistungen via Internet bestehen nach wie vor grosse Erwartungen sowie die Bereitschaft zu deren Nutzung. Die Anteile sind im Vergleich zum Vorjahr alle gestiegen. Die Nutzungsschwerpunkte: «An- und Abmeldungen beim Umzug» (von 75 auf 78 Prozent), «Wohnsitz bestätigen lassen» (von 75 auf 78 Prozent), gefolgt von «Führerschein ändern lassen» (von 70 auf 76 Prozent), «Fahrzeuge an- und abmelden» (von 73 auf 74 Prozent) und «Abstimmen und wählen» (von 67 auf 70 Prozent). Die Anwendung «Steuererklärung ausfüllen» hat gegenüber dem 1. TB 2003/2004 markant von 57 auf 68 Prozent zugenommen, die Anwendung «Behördenrechnungen online bezahlen» von 49 auf 56 Prozent.
Der Bekanntheitsgrad der Behördenwebsites hat auf allen Ebenen zugenommen. Die eigene Gemeindewebsite kennen inzwischen schon 56 Prozent aller Befragten, was einem Zuwachs von fast 10 Prozentpunkten in den letzten zwei Jahren entspricht. Die Kantonswebsite kennen 45 Prozent der Befragten, die Bundeswebsite 31 Prozent. Die grösste Steigerung wurde beim Schweizer Portal ch.ch - dem ehemaligen Guichet Virtuel - erzielt, wo der Bekanntheitsgrad von 6 Prozent im Vorjahr auf neu 18 Prozent zugenommen hat, im Vergleich jedoch noch immer stark zurückliegt.
Die Vor- und Nachteile
Als primäre Hürden bei Behördenkontakten werden «Öffnungszeiten der Ämter» (34 Prozent), «lange Wartezeiten» (27 Prozent) und «zu viele Ansprechpartner» (24 Prozent) genannt. Entsprechend bewusst sind sich die Bürgerinnen und Bürgern über die Vorteile von Behördenkontakten via Internet. Die meist genannten Vorteile sind in der Bevölkerungsgunst gegenüber dem Vorjahr nochmals markant gestiegen. Besonders «Zeitliche Flexibilität» (von 62 auf 70 Prozent) ist für sie ein vordringlicher Grund für den Behördenkontakt via Internet. An zweiter Stelle folgt die Bequemlichkeit (von 49 auf 56 Prozent), gefolgt vom Vorteil der Zeitersparnis, indem das Anliegen schneller vorgebracht werden kann (von 44 auf 50 Prozent) bzw. zum schnelleren Erhalt einer Antwort führt (von 41 auf 46 Prozent).
Als grösster Nachteil von Behördenkontakten per Internet wird die Möglichkeit des Datenmissbrauchs gesehen. Dieser Prozentsatz hat sich von 51 auf 56 Prozent erhöht. So hat auch der Vertrauensvorsprung von Internetanwendungen von Behörden im Vergleich zu jenen von Privatunternehmen gegenüber dem Vorjahr von 46 auf 44 Prozent abgenommen. Auffällig bei dieser Frage ist der hohe Wert «weiss nicht/keine Antwort». Die Unsicherheit, wie das Vertrauen in Internet-Anwendungen von Behörden eingeschätzt werden soll, scheint gross.
Höhere Wahlbeteiligung
Von den Schweizerinnen und Schweizer glauben 63 Prozent (60 Prozent vor zwei Jahren), dass die Wahlbeteiligung höher wäre, wenn einfach und sicher über das Internet abgestimmt und gewählt werden könnte. Der «Ja, bestimmt»-Anteil ist bei der jüngsten Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen mit 42 Prozent am höchsten und hat bei der Altersgruppe der 35- bis 54-Jährigen mit einer Steigerung von 32 auf 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr am stärksten zugenommen.
«Stetiger Fortschritt»
Prof. Dr. Heide Brücher: «Die dritte Durchführung des E-Government Trendbarometers zeigt, dass es zwar keine Quantensprünge in der Entwicklung und Nutzung von E-Government gibt, aber es ist ein stetiger Fortschritt in der Wahrnehmung, Kenntnis und Nutzung durch die Schweizer Bürger zu beobachten.» Aus Sicht der Autorin zeigen die Resultate deutlich, dass die Schweizer Bürger bereit sind, ihre Gewohnheiten zu ändern und ihre Behördendienste in Zukunft elektronisch abzuwickeln. Diese Erwartungshaltung sei eng gekoppelt an die Erwartungshaltung, dass ein Ausbau des Angebots in absehbarer Zukunft stattfände. Hier die Geduld der Bürger zu strapazieren, hiesse, so Prof. Dr. Heide Brücher weiter, auf bereits mühsam erarbeitetes Vertrauen zu verzichten und weiterhin an Dynamik in der Entwicklung des E-Governments in der Schweiz zu verlieren.
Zur Studie
Das E-Government Trendbarometer wurde von der Unisys Schweiz konzipiert und gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum E-Government der Berner Fachhochschule unter Leitung von Prof. Dr. Heide Brücher durchgeführt. Bei der aktuellen Erhebung wurden im Zeitraum zwischen dem 19. bis 27. September 2005 insgesamt 1'006 repräsentativ ausgewählte erwachsene Personen aus der gesamten Schweiz durch DemoSCOPE in Telefoninterviews befragt. Als mehrjährig angelegte Studie soll das E-Government Trendbarometer eine wiederholende Leistungs- und Wahrnehmungsbeurteilung der elektronischen Dienstleistungen des öffentlichen Sektors aus Sicht der Schweizerinnen und Schweizer ermöglichen. Die Studie kann ab 21. März auf www.unisys.ch heruntergeladen werden.
(hs/pd)
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