Eine von der SP in Auftrag gegebene und am Dienstag in Bern vorgestellte Studie wirft der Nationalbank eine "Hamsterpolitik" vor. Die SNB verfüge über mehr Eigenmittel als alle anderen Zentralbanken in Europa, schreibt der Lausanner Professor Thomas von Ungern-Sternberg, da sie jahrzehntelang nur einen Teil ihres Gewinns ausgeschüttet habe.
Ende 2001 hätten die Reserven über 40 Mrd. Franken betragen. Im Vergleich: Die deutsche Bundesbank hält 11 Mrd. Franken. Dennoch wolle die SNB an ihrer Eigenkapitalpolitik festhalten und auch künftig jährlich 1 Mrd. Franken den Reserven zuweisen - trotz fehlender gesetzlicher Grundlage.
Die "heilige Kuh" an den Zaum nehmen
Ungern-Sternberg und die SP-Fraktion wollen deshalb die "heilige Kuh SNB" nicht gerade schlachten, sie aber doch an den Zaum nehmen. Für überflüssig hält der Professor die 1300 Tonnen Gold, welche die SNB "für währungspolitische Zwecke" behalten will. Sie versachten jährliche Opportunitätskosten von 1,2 Mrd. Franken. (Ungern-Sternberg rechnet vor, dass das Geld als Finanzanlage jährlich eine Rendite von 5 Prozent bringen würde.) Alle Goldreserven gehörten somit restlos aufgelöst.
Ungern-Sternberg kritisiert auch die Anlagepolitik der SNB. Mit ihrer seit den 70-er Jahren sehr risikofreudigen Anlagestrategie habe sie grosse Verluste eingefahren. Diese habe sie nicht aufs eigene Konto genommen, sondern dem Bund und den Kantonen aufgebürdet, indem sie an diese niedrigere Gewinne ausschüttete.
Mitspracherecht für Bund und Kantone
Ungern-Sternberg regt deshalb eine Neuregelung der SNB-Gewinnausschüttung an, so dass die SNB mehr Verantwortung für ihre Anlagepolitik übernehmen muss. Die Gewinne müssten nach ähnlichen Kriterien bestimmt werden wie bei anderen Nationalbanken Europas. Seiner Ansicht nach sollte postuliert werden, dass der Grossteil der Gewinne ausgeschüttet werden muss.
Um die Gewinnausschüttung noch mehr zu glätten und Bund und Kantonen ein Mitsprachrecht einzuräumen, müsse zudem ein "Gewinnfonds" eingerichtet werden, in welchen der jährlich erzielte SNB-Gewinn gelegt würde. Auch die 13 Mrd. Franken an "überschüssigem Gewinn", welchen die SNB verwalte, gehörten dort hinein.
Verwaltet würde der Fonds zum Teil von der SNB und zum Teil von Bund und Kantonen. Sie müssten sich gegenseitig einigen, wieviel des erzielten Jahresgewinns in den nächsten Jahren ausbezahlt werden soll. Die heutige Situation, in der das Eidg. Finanzdepartement und das SNB-Direktorium nach einer "formula obscura" über die Gewinnausschüttung befinden, hält die SP-Fraktion für unhaltbar.
(ba/news.ch)