Unruhezustand

Mach's gut, Silvio! Ein «Auf Wiedersehen» sparen wir uns aber

publiziert: Donnerstag, 17. Okt 2013 / 09:16 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 17. Okt 2013 / 10:20 Uhr
Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi.
Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi.

Südländischen Abschiedsformeln fehlt es manchmal an der Endgültigkeit der angelsächsischen Varianten. Im Italienischen bedeutet der Ausdruck «Arrivederci» zum Beispiel kein Adieu auf ewig, sondern eher «auf Wiedersehen».

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Doch auch in Italien gibt es Situationen, in denen man es am liebsten sähe, wenn Abschiedsworte länger Geltung hätten - wie es selbst der absolute Comeback-König des Landes inzwischen wohl eingestehen muss.

Nachdem Silvio Berlusconi wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde und weitere Gerichtsverfahren gegen ihn laufen, zum Beispiel wegen seiner Herumtollerei mit einem minderjährigen Callgirl, gilt der baldige Verlust sämtlicher öffentlicher Ämter des Politikers als wahrscheinlich.

Ein verzweifelter Versuch des dreimaligen italienischen Ministerpräsidenten, eine Abstimmung über seinen Ausschluss aus der Politik zu verhindern, ging auf spektakuläre Weise ins Auge. Selbst sein politischer «Ziehsohn» weigerte sich, Berlusconis Anweisungen Folge zu leisten und die eigene Regierung zu torpedieren.

Auf Nimmerwiedersehen

Die Botschaft an Berlusconi war dieses Mal nicht nur ein «Leb wohl», sondern ein «Auf Nimmerwiedersehen». Doch während lebenslange Gegner sich bereits darauf freuen, ihr Glas zu erheben und auf eine neue Ära anzustossen, kann man nicht umhin, sich zu fragen, wie dieses neue Italien ohne die altbekannten Berlusconi-Show aussehen soll.

Wenn die Eskapaden des 77-Jährigen eine willkommene Ablenkung von der Tatsache waren, dass Italien im Gefüge der Weltmächte nicht mehr so wichtig ist wie früher, welche Visionen haben dann - sofern es welche gibt - die unterschiedlichen Nachfolger?

Während des Machtvakuums, das auf die Korruptionsskandale der 90er in Italien folgte, erlangte Berlusconi erste Bekanntheit. Seit zwei Jahrzehnten dominiert er nun das politische Geschehen und das Wirtschaftsleben des Landes. Böse Zungen behaupten, er habe dem Ruf des Landes beträchtlichen Schaden zugefügt und die italienische Wirtschaft mit der Abrissbirne bearbeitet. Die Rechnung werden die künftigen Generationen zahlen müssen. Zusätzlich hat Berlusconi die Rechtsstaatlichkeit des Landes untergraben, indem er einen persönlichen Rachefeldzug gegen die Judikative geführt und das Parlament dazu gebracht hat, Gesetze zu verabschieden, die seine persönlichen Interessen schützten.

Doch trotz seiner Mätzchen im In- und Ausland muss man doch anerkennen, dass man dem Ex-Premier gemeinhin Respekt dafür zollte, seinen umstrittenen Kurs beizubehalten. Er ist wohl eine Person, an der sich die Geister scheiden, aber sein Charisma und die krasse Missachtung der Regeln und Gesetze liessen keinen im Zweifel darüber, mit wem man es zu tun hatte.

Silvio Berlusconi, der es trotz seiner Schulbuben-Scherze faustdick hinter den Ohren hat, ist es gelungen, das Nachkriegs-Italien länger zu regieren als jeder andere zuvor. Und obwohl seine politische Agenda nicht mit der eines ernst zu nehmenden Landes übereinstimmt, konnte die jüngste Inkarnation seiner Partei bei der letzten Wahl doch ein Drittel der Stimmen gewinnen.

In Italien merkt man schnell, dass nur wenige offen zugeben, Berlusconi zu unterstützen, und doch strömen seine Unterstützer bei jeder Wahl in Scharen an die Wahlurnen.

Ansteckende Prahlerei

Die Wahrheit ist wohl, dass Berlusconis zur Schau gestellte Zuversicht und seine Prahlerei in den vergangenen Jahren ansteckend waren.

Sein Geheimnis: Ohne engagierte Opposition das kleine heimliche Vergnügen der Wähler ansprechen, auch wenn das bedeutet, jeden zu beleidigen - angefangen bei ethnischen Minderheiten bis hin zu Angela Merkel. Millionen Italiener haben sich in falscher Sicherheit gewogen, und zwar durch jene Sorte populistischer Redekunst, wie sie nur die ganz Reichen wie Berlusconi mit unbewegter Miene von sich geben können. Doch zu einer Zeit, in der das Land seine Glaubwürdigkeit wiedererlangen und aufgenommene Schulden zurückzahlen muss, sind Berlusconis Ansichten veraltet und seine Aussagen gehaltlos und unangemessen. Der jüngste Versuch des Milliardärs, das künftige Wohlergehen seines Landes aufs Spiel zu setzen, um seine dahinschwindende politische Karriere zu retten, war schlicht egoistisch und wurde von vielen unterschätzt. Das Ganze trug die Handschrift eines verzweifelten Siebzigjährigen, den die Aussicht auf baldigen Ruhestand mit Angst und Schrecken erfüllt.

Das Leben wird viel langweiliger ohne ihn

Nicht einmal seine Verlobte, die fast 50 Jahre jünger ist als er, wird ihn Zuhause halten können - sehr zu Italiens Verdruss.

Selbst wenn Berlusconi von den Entscheidungsgremien des Landes ausgeschlossen werden sollte, ist es unwahrscheinlich, dass von heute auf morgen all das verschwindet, was von seiner Macht übrig geblieben ist. Sein riesiges Medien-Imperium mit Fernsehsendern und zahlreichen Zeitschriften und Zeitungen wird hinter den Kulissen fleissig Einfluss nehmen und Guerilla-Taktiken anwenden, um die harten Sparpläne zu torpedieren, die Italiens Politiker künftig verfolgen müssen, um die Staatsfinanzen in den Griff zu bekommen.

Und während sich Silvio Berlusconi nun über seine Zukunft Gedanken machen dürfte sowie über seine Haftstrafe, die auf ein Jahr reduziert wurde und die er im Hausarrest absitzen darf, verstehen die Italiener vielleicht endlich, dass dieser unterhaltsame Staatschef nicht länger gut für ihr Land ist. Was sie jedoch mit Sicherheit wissen: Das Leben wird viel langweiliger ohne ihn.

Über Nina dos Santos:
Nina Dos Santos moderiert die tägliche Wirtschaftssendung World Business Today auf CNN International. Für den Nachrichtensender hat sie bereits aus Brüssel, Paris und Rom über die EU-Schuldenkrise berichtet und führende Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft interviewt, darunter IWF-Chefin Christine Lagarde, die Premierminister von Schweden, der Tschechischen Republik und Luxemburg sowie José Manuel Barroso, den Präsidenten der EU-Kommission.

(Nina dos Santos, CNN International/CNN-Today)

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