«In der Schweiz ist Armut ein Tabuthema»

publiziert: Mittwoch, 30. Dez 2009 / 15:09 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 30. Dez 2009 / 15:49 Uhr

Caritas will in zehn Jahren die Zahl der rund 700'000 bis 900'000 Armen in der Schweiz halbieren. Dazu nimmt das Hilfswerk auch die Politik in die Pflicht und wirft ihr eine «Verweigerung, über das Thema zu diskutieren» vor.

Caritas-Direktor Hugo Fasel: Aufgrund der Wirtschaftskrise drohe ein «neuer Armutsschub». Die Caritas will die Zahl der Armen bis 2020 halbieren.
Caritas-Direktor Hugo Fasel: Aufgrund der Wirtschaftskrise drohe ein «neuer Armutsschub». Die Caritas will die Zahl der Armen bis 2020 halbieren.
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Die Caritas nutzt das europäische Jahr gegen Armut 2010 als Sprungbrett für eine eigene, ambitioniertere Kampagne: Sie spricht nicht nur von einem Jahr, sondern fordert eine «Dekade der Armutsbekämpfung» in der Schweiz. Dies erklärten Caritas-Vertreter am Dienstag vor den Medien in Bern.

Ziel der Aktion: Die Zahl der Armen in der Schweiz bis 2020 zu halbieren. Offizielle Zahlen gibt es keine - Caritas schätzt, dass zwischen 700'000 und 900'000 Menschen unter der Armutsgrenze leben.

Aufgrund der Wirtschaftskrise drohe ein «neuer Armutsschub», sagte Caritas-Direktor Hugo Fasel. Jeden Monat würden zurzeit 1800 Menschen ausgesteuert. «Trotzdem gibt es in der Schweiz eine Verweigerung, über Armut zu diskutieren.»


Ostschweiz strenger als Westschweiz

In einem zwölfseitigen Positionspapier mit dem Titel «Armut halbieren» nimmt Caritas deshalb auch Politik und Wirtschaft in die Pflicht und fordert eine nationale Armutsstrategie. Laut Vizepräsidentin Michèle Berger-Wildhaber heisst dies unter anderem, dass der Bund ein Bundesrahmengesetz erarbeiten soll.

Zudem will Caritas über Motionen in den Kantonen kantonale Armutsberichte einfordern und die Sozialhilfe landesweit verbindlich regeln. Die grossen kantonalen Unterschiede führten zu einem «erheblichen Willkürpotenzial», sagte Berger-Wildhaber. Direktor Fasel konkretisierte: «Wir beobachten, dass die Ostschweiz strenger ist als die Westschweiz.»

Sozialfirmen fördern

Darüber hinaus - so die Forderung des Hilfswerks - soll die Politik dafür sorgen, dass Sozialfirmen gefördert werden und eine berufliche Erstausbildung für alle möglich wird.

Auch Caritas selbst will noch mehr für Arme tun. So wird sie die Sozialberatung ausbauen, die Zahl der Caritas-Märkte von 18 auf 30 aufstocken und 1000 eigene Arbeitsplätze für Menschen schaffen, die auf dem Arbeitsmarkt durch die Maschen fallen.

Damit die Wirkung der Kampagne nicht verpufft, sollen nach der Präsentation der Erklärung bald weitere Aktionen folgen: im Januar 2010 eine Plakatkampagne und am 24. April ein Tag der Armut, an dem sich alle kantonalen Caritas-Organisationen beteiligen.

Arme Kinder werden arme Erwachsene

Das Risiko, arm zu werden, ist nicht für alle Schweizerinnen und Schweizer gleich gross. Am meisten gefährdet ist laut Caritas, wer bereits in einer armen und bildungsfernen Familie aufwächst. «Die Gesellschaft Schweiz ist eine Gesellschaft der sozialen Schichten, die wenig durchlässig sind», sagte der Inlandverantwortliche Carlo Knöpfel.

Neben der sozialen Herkunft haben Bildungsniveau, Wohnort und Anzahl Kinder grossen Einfluss auf das Armutsrisiko. Von den Familien mit drei und mehr Kindern müsse bereits jede vierte bis fünfte Familie Sozialhilfe beziehen, sagte Knöpfel. Zudem können Nationalität, Gesundheit, Familienform, Alter und Geschlecht das Risiko erhöhen: «Armut ist weiblich.»

Die Erklärung «Armut halbieren» ist bereits von etlichen sozialen Organisationen unterzeichnet worden - darunter die Bischofskonferenz, die Nationalkommission Justitia et Pax und der Heimverband Cura viva.

Der Einsiedler Abt Martin Werlen zitierte an der Medienkonferenz die Präambel der Bundesverfassung und leitete daraus ab, dass die Armut alle angehe: «Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen.»

(tri/sda)

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