Forschen für den kleinen Unterschied
Frauen sind immer noch überwiegend für Haushalt und Kinder zuständig. Sie haben deshalb andere Wünsche und Erwartungen an Produkte als Männer. Berücksichtigen Forscher und Entwickler die Unterschiede, kann das enorme Innovationspotenziale freisetzen.
Wichtige Zielgruppe
Die genannten Beispiele verdeutlichen, dass Frauen als wichtige Zielgruppe bei technischen Entwicklungen zu berücksichtigen sind. So schätzen Experten, dass der Anteil der weiblichen Autobesitzer in den nächsten 20 Jahren von heute 30 auf 50 Prozent anwachsen wird. Aber auch hier haben Frauen andere Anforderungen an ein neues Fahrzeug als Männer. Viele Vorschläge, die vom weiblichen Entwicklerteam des Volvo Concept Cars entwickelt wurden, nutzen Männern und Frauen, zum Beispiel aussen angebrachte Einfüllstutzen für Scheibenwischwasser.
Völlig neue Produktideen
«Für Fraunhofer steht die kundinnen- und kundenorientierte Entwicklung von Technologien, Produkten und Dienstleistungen im Mittelpunkt», sagt Fraunhofer-Präsident Prof. Hans-Jörg Bullinger. Inzwischen entwickelt sich die Berücksichtigung der Gender-Perspektive bei Fraunhofer zu einem Qualitätsmerkmal. Denn: Je früher in einem Forschungsprojekt auf die Gender-Perspektive geachtet wird, desto erfolgreicher wird das Produkt.
«Im Projekt Discover Gender wurden Leitlinien erarbeitet, um die Forscher entsprechend zu sensibilisieren, Fehlentwicklungen wie beim Spacherkennungssystem oder bei den Airbags lassen sich damit künftig vermeiden oder werden zumindest bewusst in Kauf genommen», erklärt Dr. Martina Schraudner von der Fraunhofer-Gesellschaft und Leiterin des Projekts. Ihre Erfahrung: «Die Beachtung von Gender- und Diversity-Aspekten kann zu völlig neuen Produktideen und Anwendungen von Technologien führen.» Angesichts des wachsenden weiblichen Kundenpotenzials eröffnen sich mit der Berücksichtigung von Gender in Unternehmen und in der Forschung wertvolle Optimierungsansätze. Durch neue Ideen lassen sich neue Märkte generieren, bestehende Märkte erweitern und durch gendersensible Usability-Verfahren Märkte gezielt entwickeln.
Gemischte Teams sind erfolgreicher
Mit ein Grund für das fehlende Einfühlungsvermögen in die Bedürfnisse der Frauen ist, dass in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen vieler Unternehmen Männer das Sagen haben. Zahlen, die der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft erhoben hat, stellen fest, dass in Deutschland Forschungs- und Entwicklungsteams sehr homogen mit 88 Prozent Männern besetzt sind. Studien der EU zeigen allerdings, dass Teams mit guter Geschlechterbalance deutlich erfolgreicher sind als solche, die überwiegend aus Frauen oder Männern bestehen. Der wichtigste Ansatzpunkt für Gender-Experten ist, dass künftig mehr Frauen Ingenieurwissenschaften studieren. Umfragen zeigen den Grund: Frauen werden von den Forschungsthemen nicht angesprochen.
(fg)
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