Trotz des Medienrummels und der Scheinheiligkeit

Das Steuerthema sollte in Angriff genommen werden

publiziert: Mittwoch, 29. Mai 2013 / 14:03 Uhr
Briefkastenfirmen im Ausland.
Briefkastenfirmen im Ausland.

Benjamin Franklin scherzte einst, dass uns auf dieser Welt nur zwei Dinge sicher sind: der Tod und die Steuer. Für viele Menschen weltweit erscheint Franklins weiser Spruch nur allzu wahr.

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Doch wie der aktuelle Tumult um das Thema Steuern beweist, gilt diese Aussage für sehr viele − oft unverschämt reiche − Leute nur zur Hälfte.

Das Steuerthema ist aktuell der zentrale Streitpunkt all jener Länder, die des Sparens überdrüssig sind. Und ihre Empörung ist absolut nachvollziehbar. Kaum einer würde verneinen, dass eine internationale Steuerreform längst überfällig ist. Doch irgendwie wird man den Gedanken nicht los, dass der Otto-Normalverbraucher bei dieser Diskussion manipuliert wird.

Seit wann sind denn Steuern ein so aufregendes Thema? Ein so drängendes Anliegen, dass es sogar die Agenda beim EU-und dem anstehenden G8-Gipfel dominiert?

Staats-und Regierungschefs scheuen üblicherweise vor der komplexen Sachlage zurück.

Direkt nach einer der längsten Rezessionen in der jüngeren Geschichte haben Politiker im Westen nach einem neuen Weg gesucht, ihre Wählerschaft von der Tatsache abzulenken, dass in unmittelbarer Zukunft kein starkes Wirtschaftswachstum zu erwarten ist. Und das Steuerthema hat ihnen da vielleicht einen bequemen Deckmantel beschert, unter dem sie sich verstecken können. Nachdem die Banker abgestraft wurden, sind nun die Technologie-und Internetriesen an der Reihe: Seit bekannt wurde, dass Google, Apple und Amazon mit Betrieben im Ausland versuchten, ihre Steuerlast zu reduzieren, schlug ihnen der Volkszorn entgegen.

Doch hier ist der Haken an der Geschichte: In ihrem Opportunismus haben so manche Politiker ein paar entscheidende Begriffe durcheinandergeworfen und die Grenzen zwischen dem, was rechtlich erlaubt, und dem, was moralisch erwünscht ist, verwischt.

Steuern zu umschiffen − sei es, indem man wie Google einige Briefkastenfirmen im Ausland hat oder indem man sein geistiges Eigentum in ein anderes Land transferiert wie die Band U2 − ist in vielen Ländern gesetzlich erlaubt. Im Gegensatz dazu ist Steuerhinterziehung - bei der man sein Einkommen im Ausland bei der Steuererklärung nicht angibt − verboten.

Laut einem Bericht des Forschungsdienstes des US-Kongresses hinterziehen Einzelpersonen mit höherer Wahrscheinlichkeit Steuern, während Unternehmen sie einfach an jeder erdenklichen Stelle vermeiden. Und was noch viel mehr ins Gewicht fällt: Wie jeder Firmenchef zugeben wird, sind Firmen dazu verpflichtet, Geld für die Aktionäre zu erwirtschaften − nicht für den Staat.

Politiker geraten in Versuchung, es sich leicht zu machen, indem sie Unternehmen dazu zwingen, «das Richtige» zu tun, anstatt selbst die Zügel in die Hand zu nehmen und die verkommenen Steuergesetze zu reformieren.

Es wäre naiv zu glauben, dass ein Unternehmen wie Google, das mehr User hat als die Bevölkerung vieler G8-Staaten, Teile seines ihm rechtmässig zustehenden Vermögens abgäbe, nur weil ein Parlamentsausschuss den Konzern als unaufrichtig darstellt.

Würden die Rahmenbedingungen geändert, müssten die Firmen den neuen Gesetzen folgen, auch wenn sie das vielleicht nur ungern tun würden. Bei Google handelt es sich um ein junges Unternehmen, das durch seine Steuerkonstrukte bereits unter Beweis gestellt hat, wie flexibel es reagieren kann.

Der britische Premierminister David Cameron hofft, dass er den Vorsitz seines Landes beim kommenden G8-Gipfel dazu nutzen kann, ein multilaterales Konstrukt unter Dach und Fach zu bringen und ein Steuerabkommen in Angriff zu nehmen. Um Chancengleichheit zu schaffen, wie er es nennt. Aber wird er diesen Kampf auch dann zu Ende führen, wenn sich die mediale Aufmerksamkeit wieder anderen Themen zuwendet? Während er versucht, die legalen Steuerschlupflöcher der Grosskonzerne zu stopfen, hat David Cameron seinen Zeigefinger auch mahnend in Richtung Steueroasen erhoben.

Das steht jedoch im Konflikt mit der Tatsache, dass Grossbritannien − wie einige andere Länder, die harsch mit den Steuerflüchtigen ins Gericht gehen − selbst einige Steueroasen hat, zum Beispiel die Britischen Jungferninseln oder die Kanalinseln.

Nimmt man ihnen die Nebeneinkünfte durch die Steuern, bleibt den entlegenen Überseegebieten nur wenig im Hinblick auf eine tragfähige Wirtschaft.

Wie also könnte eine Lösung aussehen?

Eine Mischung aus härteren Strafen, Quellensteuer und Anreizen, den Informationsaustausch zwischen den Ländern zu verbessern, sollten sicherlich bei jeder künftigen, erfolgreichen Verhandlung zum Thema Steuerhinterziehung eine wichtige Rolle spielen. Und jede Massnahme, die Festsetzung des Verrechnungspreises und die Verlagerung von Gewinnen einzudämmen, würde all jenen Unternehmen eine rechtliche Grenze aufzeigen, die in Versuchung geraten, Steuern zu umgehen.

Doch all das braucht Zeit und erfordert seitenweise komplexe Feinarbeit durch Juristen.

Selbst wenn Franklin mit seiner Einschätzung zu den Steuern nur zur Hälfte recht hatte, so ist doch gewiss, dass das Thema immer wieder aufkommen wird.

Über Nina dos Santos:
Nina Dos Santos moderiert die tägliche Wirtschaftssendung World Business Today auf CNN International. Für den Nachrichtensender hat sie bereits aus Brüssel, Paris und Rom über die EU-Schuldenkrise berichtet und führende Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft interviewt, darunter IWF-Chefin Christine Lagarde, die Premierminister von Schweden, der Tschechischen Republik und Luxemburg sowie José Manuel Barroso, den Präsidenten der EU-Kommission.

(Nina dos Santos, CNN International/CNN-Today)

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